Stabilisierung von Nanopartikeln in wässrigen Lösungen (RESSAS)

Gemeinsam mit: Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Thomas Kraska, Universität Köln und Prof. Dr.rer.nat. Alfred Weber, TU-Clausthal

Die geringe Löslichkeit von organischen Wirkstoffen in wässrigen Medien führt zu einer schlechten Bioverfügbarkeit und ist deshalb für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie eines der Hauptprobleme bei der Herstellung von neuen Formulierungen. So ist beispielsweise die intravenöse Injektion von pharmazeutischen Wirkstoffen oder auch die Anreicherung von Lebensmitteln mit hochwertigen Zusatzstoffen oftmals durch die geringe Löslichkeit der Wirkstoffe in wässrigen Medien und der daraus resultierenden geringen Bioverfügbarkeit limitiert. Diese kann jedoch durch die Reduzierung der Teilchengröße verbessert werden, da sich nanoskalige Partikeln durch eine große spezifische Oberfläche und damit auch einem verbesserten Lösungsverhalten auszeichnen [1-4]. Die Herstellung von submikronen organischen Wirkstoffen mit überkritischen Fluiden wird seit einigen Jahren in unserer Arbeitsgruppe intensiv untersucht. Die wesentlichen Ergebnisse der mit den für die Pharma- und Lebensmittelindustrie relevanten Wirkstoffen Griseofulvin, Ibuprofen und Phytosterol durchgeführten Arbeiten können wie folgt zusammengefasst werden [5-10]:

Durch die Wahl geeigneter Prozessparameter können 160 bis 350 nm große lockere Agglomerate hergestellt werden (s. Tabelle 1). Diese Agglomerate bestehen in der Regel aus nahezu kugelförmigen Primärpartikeln mit einem Durchmesser zwischen 50 und 150 nm. Für die Herstellung neuer, wirkstoffhaltiger Formulierungen ist es jedoch wünschenswert, die Agglomeration der Partikeln zu vermindern und diese in eine für die jeweilige Anwendung geeignete Darreichungsform zu überführen. Eine Möglichkeit, die Bildung dauerhafter Agglomerate in der Gasphase oder auf den Filtern zu verhindern, ist die direkte Überführung der Partikeln in eine wässrige Schutzkolloidlösung (RESSAS) [3,4,7,9,11]. Während beim konventionellen RESS-Verfahren die gasgetragenen Partikeln in der Expansionskammer auf Filtern abgeschieden werden, wird im Gegensatz dazu bei dem hier angewandten Verfahren die überkritische Lösung direkt in die wässrige Schutzkolloidlösung expandiert (RESSAS). Durch diese Weiterentwicklung des konventionellen RESS-Verfahrens sollen das Wachstum und die nachfolgende Agglomeration der Partikeln behindert und die Partikeln frühzeitig stabilisiert werden. Das in Wasser nahezu unlösliche Phytosterol besteht aus den drei Komponenten β-Sitosterol, Sigmasterol und Campesterol. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit mit Cholesterol senkt die Aufnahme von Phytosterol mit der Nahrung den Cholesterolspiegel des Blutes indem die Absorption von Cholesterol gehemmt wird. Weiterhin werden Phytosterole zur äußerlichen Behandlung von Sonnenbrand eingesetzt. Zur Stabilisierung der Phytosterolpartikeln wurden bei den bisherigen Arbeiten das anionische Tensid SDS, die nichtionischen Tenside Tween® 80 und Solutol® HS15 sowie das Tri-Block-Copolymer Lutrol® F68 verwendet [12-15]. Mit Ausnahme von SDS werden diese Tenside in der Lebensmittelindustrie und in der pharmazeutischen Industrie eingesetzt.

Zur Beurteilung der verwendeten Tenside hinsichtlich ihrer Stabilisierungseigenschaften wurde die dynamische Grenzflächenspannung der unterschiedlichen Tensidlösungen im Konzentrationsbereich von 0,1 bis 5 Gew.-% mit der „Maximalen Blasendruckmethode“ und der „Tropfenvolumenmethode“ gemessen. Mit der ersten Methode können Adsorptionsvorgänge an bis zu einer Sekunde alten Oberflächen erfasst werden, während die zweite Methode Untersuchungen im Bereich 1 s < t < 300 s ermöglicht. Dabei ergab sich erwartungsgemäß für alle untersuchten Tensidlösungen mit zunehmender Tensidkonzentration eine Abnahme der dynamischen Grenzflächenspannung [14]. Diese beträgt, wie die Tabelle 1 zeigt, für eine Tensidkonzentration von 1,0 Gew.-% nach einer Sekunde bei Tween® 80 48,7 mN/m, bei Solutol® HS15 43,7 mN/m, und bei Lutrol® F68 52,1 mN/m [14,15]. In der Tabelle 2 sind typische Ergebnisse der Untersuchungen zur Stabilisierung von Phytosterol in den verschiedenen Tensidlösungen zusammengefasst [14, 15]. Die Versuchsdauer betrug bei diesen Experimenten 4 Stunden. Die Ergebnisse für SDS sind in Tabelle 2 nicht aufgeführt, da diese Versuche unter veränderten Prozessbedingungen (DI = 35 µm, Tensidkonzentration 0,22 und 1,1 Gew.-%) durchgeführt wurden. Wie die Tabelle 2 zeigt, ergab sich bei allen untersuchten Systemen eine bimodale Partikelgrößenverteilung. Bei den Versuchen mit Tween® 80 wurden stabilisierte Partikeln mit Durchmessern von 8 - 50 nm und von 160 - 670 nm gefunden. Ein ähnliches Ergebnis ergab sich bei den PCS-Messungen für Solutol® HS15. Die Größe der mit diesem Tensid stabilisierten Partikeln variierte im Bereich von 13 - 41 nm und von 60 - 770 nm. Im Gegensatz dazu wurden bei den Versuchen mit Lutrol® F68 Partikelgrößen im Bereich von 42 - 80 nm und von 170 - 460 nm gemessen. Während bei Tween® 80 und Solutol® HS15 die Erhöhung der Konzentration in der Tensidlösung zu kleineren stabilisierten Partikeln führte, ist bei Lutrol® F68 praktisch kein Einfluss der Tensidkonzentration auf die Partikelgröße erkennbar. Jedoch fällt auf, dass bei Lutrol® F68 eine deutlich engere Partikelgrößenverteilung erzielt wurde. Die Auswertung der HPLC-Analyse zur Bestimmung des Feststoffgehalts ergab eine Phytosterolkonzentration von 10 - 11 g/dm3 in den Tensidlösungen mit Tween® 80, von » 2,4 - 5,3 g/dm3 in den Lösungen mit Lutrol® F68 und von 6,3 - 17 g/dm3 in den Solutol® HS15-Lösungen.

Zur Überprüfung der Langzeitstabilität der Nanosuspensionen wurden in verschiedenen Zeitabständen Wiederholungsmessungen durchgeführt; dabei ergaben sich nach einem Zeitraum von 12 Monaten keine signifikanten Unterschiede für die gemessenen Partikeldurchmesser sowie die Größenverteilung der stabilisierten Partikeln. Somit zeigen die mit dem in Wasser nicht löslichen Wirkstoff Phytosterol durchgeführten Untersuchungen zur Stabilisierung in einer wässrigen Schutzkolloidlösung, dass stabile Nanosuspensionen mit Partikeln kleiner als 100 nm im Durchmesser hergestellt werden können. Die wesentlichen Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen zur Stabilisierung von submikronen Partikeln in wässrigen Medien lassen sich wie folgt zusammenfassen [14,15]:

  • Nanosuspensionen mit stabilisierten Partikeln kleiner als 500 nm können hergestellt werden.
  • In der Regel ergab sich in der Nanosuspension eine bimodale Partikelgrößenverteilung.
  • Die Partikelgrößenverteilung und die Partikelgröße werden durch das verwendete Tensid sowie die Tensidkonzentration beeinflusst.
  • Bei sonst gleichen Prozessbedingungen führt der Einsatz von unterschiedlichen Tensiden zu verschiedenen Wirkstoffgehalten.

Tabelle 1: In der Expansionskammer gemessene Partikelgrößen für verschiedene Feststoffe. Die Düsentemperatur war jeweils ≈ 10 K über der jeweiligen Vorexpansionstemperatur.

Tabelle 2: Einfluss der Tenside und deren Konzentrationen auf die Größe und Konzentration der stabilisierten Phytosterolpartikeln. Weiterhin sind die mit der „Maximalen Blasendruckmethode“ gemessenen Werte der dynamischen Grenzflächenspannung angegeben [14,15].

Literatur

[1]        R.H. Müller, B.H.L. Böhm, M.J. Grau, Pharm. Ind., 61 (1999) 74, 175.

[2]        B. Subramaniam, R.A. Rajewski, K. Snavely, J. Pharm. Sci., 86, 8, (1997) 885.

[3]        T.J. Young, S. Mawson, K.P. Johnston, I.B. Hendriksen, G.W. Pace, A.K. Mishra,
            Biotechnol.
Prog., 16 (2000) 402.

[4]        T.J. Young, K. P. Johnston, G. W. Pace, A. K. Mishra, AAPS PharmSciTech 2004; 5 (1) Article 11

[5]        M. Türk, J. Supercrit. Fluids, 15, 1, (1999) 79

[6]        B. Helfgen, M. Türk, K. Schaber, J. Powder Techn., 110 (2000) 22

[7]        M. Türk, Erzeugung von organischen Nanopartikeln mit überkritischen Fluiden, Habilitationsschrift Fakultät für
            Chemieingenieurwesen und Verfahrenstechnik, Universität Karlsruhe

[8]        M. Türk, P. Hils, B. Helfgen, K. Schaber, H.-J. Martin, M. A. Wahl, J. Supercrit. Fluids, 22, 1, (2002) 75.

[9]        M. Türk; Produktgestaltung in der Partikeltechnologie, Hrsg. Ulrich Teipel, (2002) ISBN 3-8167-6204-2

[10]      M. Türk, P. Hils, B. Helfgen, R. Lietzow, K. Schaber, Part. Part. Syst. Charact., 19 (2002) 327.

[11]      M. Türk, CIT, 75, 6, (2003) 792-795.

[12]      M. Türk, R. Lietzow, Proceedings of the International Congress for Particle Technology, PARTEC 2004,
           Nürnberg, March 16 - 18, (2004).

[13]      M. Türk, R. Lietzow, Proceedings of the 9th Meeting on SCF´s, Trieste, Italy, June 13 - 16, 2004.

[14]      M. Türk, R. Lietzow, in: Produktgestaltung in der Partikeltechnologie, Herausgeber: U. Teipel (2004)
           ISBN 3-8167-6476-2, 357-372

[15]      M.Türk, R. Lietzow, AAPS PharmSciTech 2004; 5 (4) Article 56